Liebe Helferinnen und Helfer, liebe Interessierte,

 

schon zum vierten Mal feierten wir  Weihnachten in der Unterkunft.

 

Auch diesmal hatten wir ein schönes, stimmungsvolles Fest. Natürlich, man merkte unsere Erfahrung. Alle wussten, was zu tun war. So war das Fest gut vorbereitet und, wie immer, waren wir darauf vorbereitet vor übervollen oder auch leeren Stühlen zu stehen.

 

Auf Anregung von Frau Steinmetz vom Sozialdienst hatten wir dieses Mal den Beginn der Feier nach draußen verlegt. Sammelpunkt war ein stimmungsvolles Feuer. Viele Kinder kamen schon aus Neugier hinzu, die restlichen Kinder fanden sich nach einem Gang des Weihnachtsmannes durch die Unterkunft ein. Leider ging unsere Hoffnung, dass  sich auch einige Erwachsene durch den niederschwelligen Beginn zu uns verirren würden, nicht in Erfüllung.

 

Sehr schön gelang der Einstieg in die Feier durch unser Gittarrenduo „Giska und Markus“, die drei sehr schöne Weihnachtskompositionen darboten, die allen eine feierliche, fröhliche Stimmung vermittelten. Die Kinder hörten gespannt zu. Nun folgte die Publikumsbeteiligung. Zur Gitarrenbegleitung von Martina sangen wir viele der bekannten Weihnachtslieder, zuallererst natürlich die Weihnachtsbäckerei, Schneeflöckchen-Weißröckchen und O Tannenbaum fehlten auch nicht. Es ist immer wieder eine Freude zu sehen, wie alle Kinder, unabhängig vom Kulturkreis, gerne mitsingen.

 

In den Sozialräumen ging es dann mit einer Darbietung unseres interkulturellen Orchesters  con anima weiter. Sie traten wegen der bereits begonnenen Weihnachtsferien in kleinster Besetzung an. Zwei 10 und 12jährige kurdische Kinder, sowie ein irakischer Jugendlicher spielten unter Anleitung einer Musikstudentin ebenfalls verschiedene Weihnachtslieder. Die Begeisterung und der Beifall war groß. Die Kinder hatten sehr wohl erfasst, dass es hier nicht nur um Musik ging, sondern auch um sie selber. Sie sahen, was mit Einsatz, Energie und Ausdauer möglich ist.

 

Nach dem gemeinsamen Zusammensitzen, Punsch trinken, Süßigkeiten und Mandarinen essen ging es zum Geschenke verteilen. Die Kinder wussten schon: Die Kleinen kommen zuerst. Erwartungsvoll warteten sie, bis ihr Name aufgerufen wurde und sie stolz vor den Augen der anderen ihr Geschenk in Empfang nahmen.

 

Die Helferinnen und Helfer räumten auf, wir hatten einen sehr schönen Nachmittag erlebt.

 

 

 

Bemerkenswert ist, dass die Kinder sehr schön und engagiert mit machten. Sie kannten den Ablauf, waren emotional sicher, es waren nur wenige psst, schscht, sich selbst den„Finger auf den Mund legen“ notwendig, um eine alle ansprechende Feier zu gestalten. Selbst als sehr auffällig bekannte Kinder machten wirklich gut mit. Dies ist das Ergebnis unserer 3jährigen Arbeit in Zusammenarbeit mit den Stadtpiraten und MIO und auch der Schule und anderer. Es ist gelungen, den Kindern ein Vertrauen zu vermitteln, das ihnen ermöglicht, in der Gemeinschaft mit zu schwimmen, es besteht keine Gefahr, dass der Einzelne untergeht. Dies ist umso bemerkenswerter, als wir zu den meisten der anwesenden Kinder, die wir alle kennen, derzeit keinen direkten Kontakt mehr haben.

 

Zum einen sind die meisten unserer ehemaligen Hausaufgabenkinder in der schulischen Vollzeitbetreuung, zum anderen findet unserer Begegnungs-/Kindercafé seit den Sommerferien nicht mehr statt, da wir nicht mehr genug Betreuer für die Samstagsnachtmittagsgruppe hatten.  Einige Kinder haben zwar nachgefragt, wann wir endlich wieder kommen würden, es sei so langweilig. Aber wir konnten nicht helfen. Wie sehen hier aber auch ein Stück weit Normalität. Wir waren für die Kinder nach der Flucht sicher ein Ort der Stabilität, des regelmäßigen freundlichen, zugewandten Kontaktes mit Deutschen. Jetzt sind die Kinder aber in der Schule angekommen, haben dort Freude und Freundinnen. Sie gestalten ihr Leben (auch schon mit zehn elf Jahren) in ihrem Lebensbereich selbstständig. Eine betreute Jugendgruppe wäre weiterhin sicherlich sehr gut, aber jetzt können sie sich selbst eine Jugendgruppe suchen, oder aber auch mit ihren Eltern Wochenendunternehmungen machen.

 

 

Diese Entwicklung ist auch in anderen Bereichen zu sehen. Unsere Gesprächs- und Lernangebote wurden nur von denjenigen angenommen, die jeweils ein ganz spezielles Anliegen hatten. Unser Konversationskurs, der nur allgemein die Deutschkenntnisse fördern sollte, hatte in diesem Umfeld keine Chance, auch im Vorbereitungskurs zur Wohnungssuche konnten die erforderlichen Kompetenzen nicht in der gewünschten Weise vermittelt werden, einige Patenschaften liefen aus. Abgesehen von individuellen Faktoren zeigen diese Verläufe, dass die Geflüchteten, die Bewohner der Unterkunft, hier angekommen sind. Sie haben sich ein soziales Umfeld geschaffen, in dem sie leben können, in dem sie Freunde haben. Viele finden auch den Weg in die Arbeit, wenn meist auch nicht in die gewünschten Berufe. Die meisten Frauen führen den Haushalt. Sie kommen im erwünschten Integrationsprozess nur langsam voran. Hemmnisse sind neben dem Zwang der traditionellen Rollenvorstellung individuelle Einstellungen und bewusste Übernahme der traditionellen Rollenvorstellungen, wenn einige Mädchen tagelang in der Schule fehlen, weil sie die Eltern ans Dolmetscherinnen zu Behörden und Ärzten begleiten müssen. Andererseits besuchen einige der betreuten Jugendlichen sehr engagiert weiterführende berufliche Schulen und schätzen die Lernunterstützung.

 

 

Ausblick:

 

Wir führen unsere eingeführten Angebote weiter, da hier eine gute Nachfrage besteht und wir die positiven Auswirkungen sehen können:

 

Die Nähwerkstatt hat immer noch einen guten Zulauf, für die Jugendlichen und einige Mütter ist die Möglichkeit, selbst schneidern zu können durchaus attraktiv.
Die Hausaufgabenhilfe, mit Kindern sowie auch mit jugendlichen Schülerinnen läuft gut, die Lernfortschritte sind direkt zu sehen, auch bestandene Prüfungen motivieren Lehrer/innen und Schüler/innen zum Weitermachen.
Die Einzelbetreuung von Erwachsenen, v.a. im sprachlichen Bereich, ist wie schon erwähnt, immer von der jeweiligen Motivation der Geflüchteten (Prüfung, Beruf, …) abhängig, aber dann auch erfolgreich. Daher bieten wir diese Hilfe auch weiterhin an.
Leider verlässt uns das interkulturelle Orchester con anima, da sie größere Probenräume brauchen. Die anfängliche Begeisterung einiger Jugendlicher in der Unterkunft für klassische Musik hat sich nicht gehalten, so dass sich unter den Migranten des Orchesters kein Mitglied der Unterkunft mehr befindet.

 

Im neuen Jahr werden wir diese ganzen Fragen in einem Plenum besprechen, um uns neben dem eingespielten Betrieb eine Perspektive der weiteren Arbeit zu erarbeiten.

 

Bleibt nur noch, uns über die geleistete Arbeit zu freuen und uns allen ein gutes neues Jahr zu wünschen.

 

 Karl-Hans Jauß
Koordination
Projektleitung Freiburger Bürgerstiftung